Nur harmonisieren, nicht umbauen!

Nur harmonisieren, nicht umbauen!

Joel Blunier, Generalsekretär der EVP, findet eine Harmonisierung der kantonalen Schulsysteme längst fällig. Nicht verstehen kann er, weshalb das Projekt "HarmoS" nebst der Vereinheitlichung mit der Einschulung ab 4 und den Tagesstrukturen zwei völlig neue Elemente beinhaltet, die nichts mit der Harmonisierung zu tun haben.

Aufgewachen bin ich in Murgenthal, im südwestlichsten Zipfel des Kantons Aargau. Drei unserer Nachbargemeinden lagen in den Kantonen Bern, Solothurn und Luzern. Während ich fünf Jahre die Primarschule und anschliessend vier Jahre die Bezirksschule besuchte, absolvierten Gleichaltrige in Wynau BE vier Primar-  und fünf Sekundarschuljahre, in Fulenbach SO und Pfaffnau LU dagegen 6 Jahre Primar- und nur 3 Jahre Oberstufe. Die Devise für Eltern lautete daher: ja nicht ins ausserkantonale Nachbardorf umziehen. Dass wir national nun endlich Schritte in Richtung Harmonisierung der Schulsysteme gehen, war längst fällig. Um der zunehmenden Mobilität Rechnung tragen zu können, ist es sinnvoll, Schulstrukturen und Bildungsziele schweizweit zu vereinheitlichen. Daher ist die Bezeichnung „HarmoS“ für das Projekt der kantonalen Erziehungsdirektoren folgerichtig.

 

Dass dem Paket gleichzeitig auch noch die Einschulung ab dem 4. Geburtstag und das (zunächst freiwillige und kostenpflichtige) Angebot von Tagesstrukturen aufgeladen wurden, ist für mich unverständlich. Diese beiden wichtigen Bestandteile haben nichts mit der eigentlichen Vereinheitlichung zu tun. Gleichzeitig gefährden sie aber das ganze Projekt, weil viele Eltern nicht bereit sind, die Erziehungsverantwortung für ihre Kinder schon ab 4 Jahren an die Schule abzugeben. Damit wird die Diskussion um die Harmonisierung der obligatorischen Schule unnötig verideologisiert. Es wäre cleverer gewesen, hätte man den Inhalt der Etikette angepasst und es bei der Harmonisierung bewendet. Das Steuerpaket 2003 lässt grüssen.

 

Joel Blunier

Generalsekretär EVP Schweiz