Formel 1 und Minarette

Formel 1 und Minarette

Lesen Sie Nationalrat Ruedi Aeschbachers Beitrag "Session persönlich", den er für die Zürcher Landzeitungen verfasst hat.

Die SVP-Volksinitiative will den Bau von Minaretten verbieten. Dies sorgte am Mittwoch für hitzige Diskussionen im Nationalrat. Er erklärte sie zwar als gültig, empfiehlt dem Volk aber sie abzulehnen. Zu Recht. Denn sie verstösst gegen die Religionsfreiheit, brüskiert und diskriminiert unnötig eine Religionsgemeinschaft und erschwert die Integration der Muslime in unsere Gesellschaft.

 

Klar, auch für mein Gefühl gehören Kirchtürme in unsere Dörfer und Städte, die Minarette jedoch auf die Postkarte, die mir meine Tochter aus Istanbul geschickt hat. Aber ob es uns passt oder nicht: Bei uns leben mehrere Hunderttausend Menschen, deren Gotteshaus nicht die Kirche mit dem Kirchturm, sondern die Moschee mit dem Minarett ist. Ihnen kann nicht der Bau ihrer Gotteshäuser oder das dazugehörende Minarett einfach verboten werden. Aber auch für sie gilt das Baugesetz, welches beispielsweise ein Minarett in einem historischen Stadt- oder Dorfkern wegen dessen Verfremdung nicht zuliesse. Und überhaupt: Alle Religionsgemeinschaften, auch Muslime, haben sich strikte an alle unsere Gesetze zu halten und unsere Gebräuche zu respektieren. Uneingeschränkt. Die Scharia hat hier nichts zu suchen.

 

Doch, warum die Aengste, die nun politisch noch geschürt werden? Vielleicht weil wir sehen, dass andere Religionen ihren Glauben ernst nehmen, während in unserem „christlichen Land“ die Kirchen leer sind und das Christentum und seine Gebote von immer weniger Menschen wirklich gelebt werden. Sind wir schwach, können wir deshalb anderen Religionen nicht mehr selbstbewusst und auf Augenhöhe begegnen? Müssten wir darum nicht bei uns selbst ansetzen, statt Minarette verbieten?

 

Formel 1: Ueli Giezendanner träumt immer noch von einer Rennbahn in der Schweiz. Dafür müsste man das Gesetz ändern. Nein sagen dazu Bundesrat und Ständerat. Anders der Nationalrat am Donnerstag: Eine Mehrheit aus SVP, FdP und Teilen der CVP kann sich offenbar einen Formel-1-Zirkus in der Schweiz vorstellen. Wissen diese, welche Signale sie aussenden an eine Bevölkerung, die die Klima- und Umweltprobleme ernst nimmt, die schon mehr als genug Lärm, Abgase und Raserunfälle und derzeit ganz andere Sorgen hat?