Nein zur Kündigungsinitiative («Begrenzungsinitiative»)

Parole der EVP

Nein zur Kündigungsinitiative («Begrenzungsinitiative»)

Die Delegiertenversammlung der EVP Schweiz vom 30. November 2019 in Weinfelden hat mit  102 zu 3 Stim­men bei 5 Enthaltungen die Nein-Parole beschlossen.

Empfehlungen

  • Der Nationalrat empfiehlt die Initiative am 20.12.19 mit 142 zu 53 Stimmen bei 2 Enthaltungen zur Ablehnung.
  • Der Ständerat empfiehlt die Initiative am 20.12.19 mit 37 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen zur Ablehnung.
  • Die Mitte-Fraktion. CVP-EVP-BDP empfiehlt die Initiative einstimmig zur Ablehnung.

Lediglich die SVP und die AUNS unterstützen die Initiative. Von den Parteien dagegen sind: SP, Grüne, EVP, GLP, BDP, CVP, FDP. Auch dagegen sind verschiedene Verbände, darunter die Economiesuisse, der Schweizerische Arbeitgeberverband, der Verband öffentlicher Verkehr, die Gewerkschaften Syna, Unia, Travail.Suisse und der Gewerkschaftsbund. Ebenso der Bundesrat. Und selbst in der SVP selbst gibt es kritische Stimmen.

Argumente gegen die Initiative

 

  • Zugang zum wichtigsten Absatzmarkt geht verloren:
    Ohne die bilateralen Verträge verlieren die Schweizer Unternehmen den privilegierten Zugang zu ihrem wichtigsten Absatzmarkt. Mehr als die Hälfte (!) aller Waren und Dienstleistungen, die wir exportieren, gehen an die rund 500 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten in der EU.
  • Lohnschutz in Gefahr:
    Der Lohnschutz wäre massiv gefährdet. Dank der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit werden die Löhne und Arbeitsbedingungen der Menschen heute von den Sozialpartnern systematisch kontrolliert.
  • Fachkräftebedarf:
    Die Schweiz hat einen hohen Bedarf an Fachkräften. Die Personenfreizügigkeit erlaubt es den Arbeitgebern rasch, flexibel und ohne administrativen Aufwand Fachkräfte im EU/EFTA-Raum zu rekrutieren.
  • Kündigung PFZ löst Wachstumsprobleme nicht:
    Die Personenfreizügigkeit mit der EU ist nicht für alle Probleme des Wirtschaftswachstums verantwortlich. Und genauso wenig ist ihre Kündigung die Lösung für alles. Probleme wie z.B. die Überlastung der Verkehrsinfrastrukturen müssen mit gezielten Massnahmen in ihrem jeweiligen Bereich gelöst werden.
  • Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitssuchende:
    Konkrete inländische Massnahmen wie Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose oder die Förderung der Aus- und Weiterbildung flankieren die Personenfreizügigkeit lösungsorientiert.
  • In instabiler Krise kündigen ist verantwortungslos:
    Gerade in weltweit instabilen Zeiten ist es verantwortungslos, die Schweiz zu isolieren und mit dem wichtigsten Handelspartner mutwillig zu brechen.
  • Zuwanderung ist bereits kontrolliert:
    Die Freizügigkeit bewirkt keine unkontrollierte Zuwanderung. Personen aus dem Ausland können nur dann in die Schweiz kommen, wenn sie einen Arbeitsplatz oder genügend finanzielle Mittel haben. Sie können nicht einfach in die Schweiz ziehen, um von der Sozialhilfe zu leben.
  • In Europa frei leben, arbeiten, lernen:
    Dank dem FZA dürfen auch Schweizer in der EU leben und arbeiten. Ende 2018 lebte rund eine halbe Million Auslandschweizer in Europa (etwa 2/3 aller Auslandsschweizer), mehrheitlich in Frankreich (ca. 200'000), Deutschland (ca. 90'000) und Italien (ca. 50'000).
  • Erfolgreiches Schengen nicht gefährden:
    Der Verbleib in Schengen/Dublin wäre gefährdet, weil die Abkommen auf der Personenfreizügigkeit basieren. Seitdem die Schweiz beim Verbund der Schengen- und Dublin-Staaten dabei ist (10 Jahre), geht die Kriminalität zurück: Die Zahl der von der Polizei erfassten Straftaten ist seit 2009 um mehr als 20 % gesunken. Gleichzeitig hat die Zahl der Verurteilungen um rund 10 % zugenommen.

In Kürze

Am 25. September 2018 ist die Initiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)» der SVP zustande gekommen. Weil die Initiative die Personenfreizügigkeit und damit faktisch auch die Bilateralen I kündigen will, wird sie auch «Kündigungsinitiative» genannt.

Durch das 1999 unterzeichnete und 2002 in Kraft getretene bilaterale Freizügigkeitsabkommen (FZA) zwischen der Schweiz und der EU erhalten Staatsangehörige der Schweiz und der EU das Recht, Arbeitsplatz und Aufenthaltsort in den Staatsgebieten der Vertragsparteien frei zu wählen. Voraussetzung dafür ist ein gültiger Arbeitsvertrag, Selbständigkeit oder bei Nichterwerbstätigkeit ausreichende finanzielle Mittel und umfassende Krankenversicherung. Um Missbräuche bei den Lohn- und Arbeitsbedingungen zu verhindern, wurden am 1. Juni 2004 flankierende Massnahmen in Kraft gesetzt. Diese verpflichten die Arbeitgeber zur Einhaltung der minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen. Das FZA ist eines von sieben bilateralen Abkommen (Bilateralen I) und wurde durch das Volk im Jahr 2000 angenommen. Diese Abkommen werden durch die Guillotine-Klausel zusammengehalten. Sie besagt, dass wenn eines der Abkommen gekündigt wird oder ausser Kraft tritt, die anderen sechs Abkommen (Land- und Luftverkehr, Landwirtschaft, Forschung, Techn. Handelshemmnisse, Öff. Beschaffungswesen) automatisch nach 6 Monate ausser Kraft gesetzt werden.

Inhalt der Initiative

Die Initiative will, dass die Schweiz die Zuwanderung künftig «eigenständig» regelt. Dank des Personenfreizügigkeitsabkommens (FZA) können Menschen aus der EU in die Schweiz einwandern, wenn sie eine Arbeitsstelle oder genügend finanzielle Mittel haben. Dieses Privileg gilt im Gegenzug auch für SchweizerInnen im EU-Raum. Die SVP will es abschaffen. Bis 17. Mai 2021 soll das Abkommen mit der EU auf dem Verhandlungsweg ausser Kraft gesetzt werden. Gelingt dies nicht, muss der Bundesrat laut Initiative das Abkommen bis am 16. Juni 2021 einseitig kündigen. Und: Es dürften keine neuen Verträge oder Verpflichtungen eingegangen werden, die eine Personenfreizügigkeit gewähren.