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Stimmfreigabe zur Anti-Rassismus-Strafnorm
Parole der EVP
Stimmfreigabe zum Referendum gegen die Erweiterung der Anti-Rassimus-Strafnorm
Zum Referendum gegen die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm erteilten die Delegierten der EVP Schweiz an ihrer Versammlung am 30. November 2019 grossmehrheitlich Stimmfreigabe, nachdem die Parolenfassung mit lediglich 4 Pro-Stimmen mehr knapp ausgefallen war.
In Kürze
Die parlamentarische Initiative «Kampf gegen die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung» wurde am 7. März 2013 von Nationalrat Mathias Reynard eingereicht. Damit sollen homo- und bisexuelle Personen vor Hass und Diskriminierung geschützt werden. In der Schlussabstimmung vom 14. Dezember 2018 hat das Parlament beschlossen, die Anti-Rassismus-Strafnorm (Art. 261bis StGB) um den Begriff der sexuellen Orientierung zu erweitern.
Dagegen hat ein Komitee das Referendum ergriffen. Deshalb kommt es am 9. Februar 2020 zur Volksabstimmung.
Gesetzestext (Erweiterungen oder Neuformulierungen kursiv):
Strafgesetzbuch Art. 261bis: Diskriminierung und Aufruf zu Hass
Wer öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung zu Hass oder zu Diskriminierung aufruft,
wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung dieser Personen oder Personengruppen gerichtet sind, wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung in einer gegen die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert oder aus einem dieser Gründe Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder zu rechtfertigen sucht, wer eine von ihm angebotene Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt ist, einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung verweigert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
(Dieselben Änderungen wurden auch im Militärstrafgesetz erweitert.)
Argumente Pro
- Die bestehenden Gesetze (173ff StGB) schützen nur die persönliche Ehre einer einzelnen Person bzw. einer bestimmten konkreten Personengruppe. Geht es aber um Aufruf zu Hass oder Diskriminierung, der sich gegen eine Gruppe als Ganzes richtet (z.B. aufgrund deren sexueller Orientierung), kann auf kein Gesetz zurückgegriffen werden. Darum braucht es dieses Gesetz.
- Aufrufe zu Hass und Herabwürdigung bestimmter Bevölkerungsgruppen haben mit Meinungsäusserung nichts zu tun.
- Das Bundesgericht hat im Zusammenhang mit der Strafnorm eine klare, konzise und zurückhaltende Praxis entwickelt. Es hat klar festgehalten:
1. Nur öffentliche Äusserungen sind, wie im Gesetz vorgesehen, strafbar.
2. Die Strafbarkeit ist nur gegeben, wenn eine Äusserung derart heftig ist, dass sie den Kern der Menschenwürde tangiert. - Bei Einführung der Anti-Rassismus Strafnorm wurde über ähnliche Fragen wie heute diskutiert: Beschneidet die Rassendiskriminierungs-Strafnorm die Meinungsäusserungsfreiheit? Ist es noch möglich, Witze zu machen, die rassistisch gefärbt sind, oder muss man gleich ins Gefängnis? Vor 25 Jahren wurde die Anti-Rassismus-Strafnorm eingeführt und diese hat sich bewährt. Sie schützt Gruppen vor Diskriminierung und Aufruf zu Hass und lässt Platz für kontroverse Diskussionen und die freie Meinungsäusserung. Der Stammtisch ist nicht in Gefahr und Witze dürfen weiterhin erzählt werden. Es geht nicht darum, für eine Entscheidung kritisiert zu werden, die ein Mensch freiwillig gefällt hat. Sondern es geht darum, dass ein Mensch aufgrund seiner Herkunft, seiner Geburt oder sonstiger Merkmale, die ein Mensch besitzt (und nicht freiwillig ausgewählt hat), herabgesetzt wird. Das Gesetz besagt, dass wenn eine Handlung den Kern der Menschenwürde tangiert, soll es strafrechtliche Konsequenzen haben. Das betrifft auch die sexuelle Orientierung.
- Psychische Gewalt ist auch Gewalt – Diskriminierung und Aufruf zu Hass aufgrund der sexuellen Orientierung bedeuten für homo- und bisexuelle Menschen eine grosse Belastung im Alltag. Wer systematisch Diskriminierung und Aufruf zu Hass erlebt, muss sich wehren können – auch wenn sich der Hass nicht gegen eine einzelne Person, sondern gegen eine Gruppe richtet. Die Gesetzesänderung soll diese Lücke schliessen, denn eine Demokratie lebt davon ihre Minderheiten speziell zu schützen. Gemäss dem Gutachten der SEA können Äusserungen, die von Pastoren gemacht werden und die Homosexualität verurteilen, künftig unter den Geltungsbereich des Artikels 261bis StGB fallen, vorausgesetzt, dass sie eine genügende Intensität erreichen; das wird der Fall sein, wenn die Rede beleidigend, beschimpfend oder verleumdend ist.
Argumente Contra
- Zahlreiche Handlungen können gestützt auf das geltende Recht bereits heute geahndet werden, z.B. Persönlichkeitsverletzungen (Art. 28 ff. des ZGB), Ehrverletzung durch Wort, Schrift, Bild (Art. 177 StGB), üble Nachrede (173 StGB), Verleumdung (Artikel 174 StGB) etc. Das Strafrecht soll nicht jedes moralisch vorwerfbare Verhalten lückenlos erfassen, sondern lediglich einzelne, vom Gesetzgeber als besonders sozialschädlich erachtete Verhaltensweisen unter Strafe stellen.
- Alle Menschen mit bestimmten Merkmalen, und seien sie noch so subjektiv eingefärbt, könnten künftig Rechtsansprüche auf einen Diskriminierungsschutz anmelden – so, wer eine bestimmte Sprache oder Dialekt spricht, einer bestimmten Altersgruppe angehört oder eine bestimmte Haarfarbe hat.
- Akzeptanz in der Bevölkerung lässt sich nur durch Normalität erreichen. Die Ergänzung im StGB ist gegen eine komplette Gleichberechtigung von LGBTI, da keine Sonderrechte eingefordert werden sollen. Das würde Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle (LGBTI) stigmatisieren.
- Das Strafrecht ist das Ultima Ratio. Das beste Rezept gegen Dummheiten oder auch geäusserte Bosheiten sind Gegenreden, die anständig und gescheit sind. Aber wichtig ist folgendes: Wenn dieses Gesetz so angenommen wird, dann hört es nie auf. Die Grundsatzfrage ist immer die gleiche: Wollen wir das Strafrecht auf immer mehr Kriterien ausdehnen?
- Englische Rechtsprechung: Zum jetzigen Zeitpunkt wird in der Schweiz der Hass-Charakter einer Rede nach einem objektiven Sinn begutachtet, das heisst, dass ein mittlerer Zuhörer im Stande ist dies zu erfassen. Es gibt in Europa allerdings eine Tendenz, die Hassrede aus einem subjektiven Blickwinkel zu betrachten, das heisst aus dem Blickwinkel des Klägers. So ist gemäss der englischen Regierung eine Rede eine Hassrede, wenn sie durch das Opfer als solche aufgenommen wird.