Schwarzer Tag für den Zivildienst

Schwarzer Tag für den Zivildienst

Der Nationalrat sprach sich heute in bedauerlicher Kurzsichtigkeit für die Schwächung des Zivildienstes aus. Die EVP lehnt das Begehren zur Wiedereinführung der willkürlichen und schikanösen Gewissensprüfung entschieden ab. Ebenfalls kritisch beurteilt sie die beschlossene Revision des Zivildienstgesetzes.

«Wer anstelle des Militärdienstes Zivildienst leisten will, muss keine Gewissensprüfung mehr ablegen. Eine gegenüber dem Militärdienst eineinhalbmal längere Dienstdauer genügt als Tatbeweis.» Diese richtungsweisende Änderung des Zivildienstgesetzes wurde 2008 von National- und Ständerat, letzterem gar einstimmig, angenommen. Die Gesetzesänderung geht zurück auf eine Motion von alt Nationalrat Heiner Studer (EVP, AG), welche die Räte 2005 resp. 2006 überwiesen hatten. 

«Knapp 20 Jahre ist es her, seit das Parlament meinem Anliegen folgte und die Gewissensprüfung abschaffte. Dieses Anliegen vertrete ich auch heute noch immer mit sehr gutem Gewissen.»
Heiner Studer, alt Nationalrat EVP (1999-2007)

Nun, knapp 20 Jahre später, wird über eine Wiedereinführung der Gewissensprüfung diskutiert, dies obwohl bereits damals klar war, dass man ein Gewissen nicht prüfen kann. Letztlich konnte nur beurteilt werden, «ob eine Argumentation einigermassen stringent und plausibel war, was allerdings zur Folge hatte, dass es für Gutgebildete – beispielsweise Gymnasiasten – viel einfacher war, die «Prüfung» zu bestehen, als etwa für Männer mit einer Handwerkerlehre», wie Studer in einem Artikel des Tagesanzeigers ausführte. Dass zur Durchführung der Gewissensprüfungen eine riesige Bürokratie nötig war, die zuletzt mehrere Millionen Franken kostete, scheint das heutige Parlament ebenfalls nicht zu kümmern.

«Dieser kurzsichtige Entscheid des Nationalrates ändert nichts daran, dass die Gewissensprüfung längst aus der Zeit gefallen ist. Man kann ein Gewissen nicht prüfen, dafür aber junge Menschen unnötig schikanieren.»
Heiner Studer, alt Nationalrat EVP (1999-2007)

 

Parlament höhlt Zivildienst aus

Armeeverbänden und bürgerlichen Politikerinnen und Politikern war der Zulauf zum Zivildienst seit jeher ein Dorn im Auge, spätestens aber seit der Abschaffung der Gewissensprüfung. Dies zeigt sich auch in der Tragweite der in der laufenden Sommersession behandelten Geschäfte. Bereits vor zwei Wochen hatte der Nationalrat mit der Annahme einer Motion zur Einführung einer Sicherheitsdienstpflicht einen Schritt in Richtung faktischer Abschaffung des Zivildienstes gemacht. Heute nun dürfte auch der Ständerat dieser Motion zustimmen. Eine Entwicklung, die die EVP mit grosser Sorge und noch grösserem Unverständnis verfolgt.

«Geht das so weiter, wird das aktuelle Parlament bald den Zivildienst auf dem Gewissen haben. Die Schweiz wird den Verlust eines wahren Erfolgsmodells beklagen müssen.»
Marc Jost, EVP-Nationalrat

 

Nationalrat stimmt Teilrevision des Zivildienstgesetzes zu

Der Nationalrat hat heute ausserdem einer Teilrevision des Zivildienstgesetzes zugestimmt, die klar auf eine Schwächung des Zivildienstes zugunsten der Armee abzielt. Die EVP lehnte in ihrer Stellungnahme zur Vorlage und in der heutigen Abstimmung im Nationalrat insbesondere jene Massnahmen der Revision ab, die den Zivildienst aus rein strategischen Gründen unattraktiver machen sollen. Die Einführung einer jährlichen Einsatzpflicht verunmöglicht die Planbarkeit und Durchführung vieler qualifizierter Einsätze. Und die Forderung, einen «langen Einsatz» im Kalenderjahr nach der Zulassung zu leisten, ist eine realitätsferne Vorschrift, die weder Rücksicht auf Ausbildung noch auf Familie oder Arbeitsmarkt nimmt. Zudem ist der Entscheid, medizinisch ausgebildete Personen vom Zivildienst auszuschliessen, ein unverständlicher Schritt angesichts ihres grossen Nutzens, gerade auch bei Auslandseinsätzen.