Das vorgeschlagene Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen betrifft sämtliche öffentlich zugänglichen, geschlossenen Räume sowie alle Arbeitsplätze, an denen mehrere Personen arbeiten. In diesen Räumen ist das Rauchen untersagt. Die Freiheit des Einzelnen muss dort aufhören, wo die Freiheit seiner Mitmenschen eingeschränkt wird. In geschlossenen Räumen oder am Arbeitsplatz werden die Menschen dazu gezwungen, den gesundheitsschädigenden Passivrauch einzuatmen, ob sie wollen oder nicht. Entsprechend rückt der Gesetzgeber neu die Freiheit des Nichtrauchens ins Zentrum.
Heute Nachmittag befasst sich der Nationalrat mit den vom Ständerat geschaffenen Differenzen. Eine wichtige betrifft die Raucherräume: während nach Ansicht des Bundesrates in diesen Fumoirs kein Personal beschäftigt werden darf, will der Nationalrat dies grundsätzlich erlauben. Der Ständerat will es von der ausdrücklichen Zustimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abhängig machen. Beide – National- und Ständerat – verkennen mit ihrer Haltung die Realität des Servicepersonals in Restaurants und Bars: gemäss einer wissenschaftlichen Studie des Wallisers Zentrum für Tabakprävention CIPRET atmen diese Angestellten täglich und unfreiwillig das Äquivalent von 15 bis 38 Zigaretten ein. Diese sehr hohe Belastung bleibt bestehen, wenn das Personal in den Fumoirs bedienen muss. Zynisch ist der Vorschlag des Ständerates: wer finanziell auf den Job angewiesen ist, kann es sich nicht leisten, die Zustimmung zur Arbeit in den Fumoirs zu verweigern. „Der Staat muss die Gesundheit der Arbeitnehmenden schützen“, meint EVP-Nationalrat Walter Donzé: „Die Fumoirs müssen unbedient sein, wie vom Bundesrat ursprünglich vorgeschlagen.“
Eine zweite Differenz betrifft die Ausnahmen fürs Gastgewerbe: ginge es nach dem Nationalrat könnten Gastbetriebe und Nachtlokale auf Bewilligung hin als Raucherbetriebe betrieben werden, wenn die Trennung von Raucher- oder Nichtraucherräumen nicht möglich oder unzumutbar ist. Der Ständerat hat diese Hintertür geschlossen und die entsprechende Passage gestrichen. „Gerade weil die Passivrauchbelastung im Gastgewerbe so hoch ist, dürfen wir hier keine Ausnahmen ermöglichen“, ruft Nationalrat Walter Donzé in Erinnerung: „Restaurants und Bars sollen rauchfrei sein – ausser sie können ein abgetrenntes, ausreichend belüftetes und unbedientes Fumoir einrichten. Nur diese Regelung ist klar, einfach im Vollzug und trägt der Gesundheit der Angestellten Rechnung.“
Drittens muss unbedingt an der Formulierung des Ständerates festgehalten werden, wonach die Kantone strengere Vorschriften erlassen können. Nur so ergibt sich im Zusammenhang mit den in zahlreichen Kantonen bereits umgesetzten oder in Erarbeitung befindlichen Regelungen die nötige Rechtssicherheit.
Zusammengefasst: das Bundesgesetz wird dem Anspruch, die Bevölkerung vor dem Passivrauch zu schützen, nur gerecht, wenn a) nur unbediente Fumoirs zugelassen werden, b) Restaurants und Bars ohne Ausnahmen rauchfrei sind und c) die Kantone weitergehende Bestimmungen erlassen können.
Zürich, den 26. Mai 2008/nh