Bundesrat Hans-Rudolf Merz will gemäss einem Interview mit dem Tages Anzeiger von heute Donnerstag als nächstes Familien mit Kindern steuerlich entlasten. Weil finanzielle Gründe nicht zum Verzicht auf Kinder führen dürfen, Kinder aber mittlerweile zum häufigsten Armutsgrund geworden sind, ist dieser Vorschlag ganz im Sinne der EVP und sehr zu begrüssen. „Alles, was die Familien entlastet, ist in unserem Sinn und überfällig“, meint Nationalrat Walter Donzé (EVP, BE) zu den Vorschlägen des Bundesrates. Gerade mit Blick auf die Mehrwertsteuerreform, welche bei Konsumenten und Familien voraussichtlich zu einer Mehrbelastung führen werde, sei eine Entlastung der Familien nun dringlich und auf jeden Fall vor einer allfälligen Unternehmenssteuerreform III an die Hand zu nehmen.
Sein Vorhaben begründet Hans-Rudolf Merz mit der Pattsituation bei der Ehepaarbesteuerung. Die EVP hat sich in der Vernehmlassung klar für die Einführung eines Vollsplittings ausgesprochen, weil nur diese Variante einfach und effizient ist, schnell einführbar wäre, wenig Missbrauchspotenzial aufweist, Ehepaare unabhängig von der Verteilung ihrer Einkommen besteuert und vor allem der Heiratsstrafe den Garaus macht. Wenn sich aber bei der Ehepaarbesteuerung keine mehrheitsfähige Lösung abzeichnet, ist es der EVP hundertmal lieber, Merz sorgt für eine rasche Entlastung von Familien mit Kindern, als eine vielleicht bessere Gesetzesreform auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu vertagen. Dennoch muss die vollständige Abschaffung der Heiratsstrafe auf der politischen Agenda verbleiben.
„Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“, gilt auch für die von der EVP propagierte Variante, sämtliche Steuerabzüge, Zulagen und Subventionen durch ein einheitliches Kindergeld zu ersetzen, welches die Debatte um die Kinderbetreuung entideologisieren und den Eltern grösstmögliche Wahl-freiheit bei der Aufteilung von Erziehungs- und Berufsarbeit geben würde. Heute sind Eltern benachteiligt, welche ihre Kinder vollständig zuhause betreuen. Wenn der Bundesrat jedoch Familien mit Kindern rasch steuerlich entlastet, will ihm die EVP dabei mit Sicherheit nicht im Wege stehen.
Nicht einverstanden ist die EVP allerdings mit der Reihung der Prioritäten: Merz wirbt für ein Ja zur Unternehmenssteuerreform, damit ihm die Gewerbetreibenden nachher bei der Entlastung der Familien mit Kindern folgen würden. Das Umgekehrte wäre richtig: im Gegenteil zu den Gewerbetreibenden sind Familien kaum organisiert, können ihre Interessen nur schlecht durchsetzen, sind kurzum der schwächere Partner. Es wäre richtig gewesen, zuerst die Familien zu entlasten und nachher die Personengesellschaften mit den in der USR II vorgesehenen und notwendigen Vereinfachungen bei Nachfolge oder Auflösung zu beglücken, wie Nationalrat Walter Donzé (EVP, BE) betont. Die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung hätte Merz dann getrost ganz bleiben lassen können: zu gross sind die Steuerausfälle bei Bund und Kantonen angesichts des nur geringen Wachstumseffekts der Reform.
Zürich, den 07. Februar 2008/nh