Heute Samstag findet im Zürcher Kongresshaus die 88. ordentliche Delegiertenversammlung der EVP Schweiz statt. Am Morgen wurde die Ja-Parole zur IV-Revision beschlossen und die Wahlplattform für die Nationalratswahlen präsentiert, am Nachmittag folgen die statutarischen Geschäfte. Zum Einstieg orientierte EVP-Nationalrat Heiner Studer (Wettingen AG) über die verschiedenen Revisionsprojekte bei der Invalidenversicherung. Insbesondere ist die Frage der zusätzlichen Einnahmen nach dem Scheitern im Nationalrat offen. Diese sind aber für die Sanierung des IV-Schuldenberges unerlässlich.
Anschliessend versuchten FDP-Nationalrat Marc F. Suter (Biel/Bienne BE) und SP-Nationalrätin Bea Heim (Starrkirch-Wil SO) die Delegierten der EVP für ihre Sicht der 5. IV-Revision zu gewinnen. Suter warf in einem sehr persönlich gehaltenen Referat die Frage auf, ob eine IV-Rente eine gute Antwort sei, auf die Fragen einer Person, die vielleicht vorübergehend arbeitsunfähig geworden sei, grundsätzlich aber arbeiten könne und wolle? Gerade bei Burnouts, bei psychischen und seelischen Belastungen sei rasches Handeln angezeigt: bei dieser Früherkennung müsse die IV in Zukunft sehr viel besser arbeiten und dazu gebe man ihr mit dieser Reform die notwendigen Instrumente in die Hand. Heim stemmte sich gegen die Vorlage, weil sie Wirtschaft und Arbeitgebende zu wenig in die Pflicht nehme und keinerlei Anreize schaffe, Menschen mit einer Behinderung auch wirklich anzustellen. Sehr problematisch sei ausserdem die Bestimmung, dass erkrankte Menschen vom Arbeitgeber, den Angehörigen oder ihrem Arzt ohne ihre Zustimmung zu den Früherkennungsmassnahmen angemeldet werden können.
Sowohl dem Pro- wie auch der Kontrareferentin war das ehrliche Bemühen um das Wohl der beeinträchtigten Menschen in der Schweiz deutlich anzuspüren. Entsprechend engagiert verlief auch die anschliessende Diskussion der EVP-Delegierten. Maja Ingold, Sozialvorsteherin in Winterthur, befürchtete eine Verlagerung der Kosten zu den Sozialausgaben der Städte und Gemeinden. Ernst Danner, Gemeinderat in Zürich, konterte mit dem Hinweis, wie wichtig die Früherkennung sei. Nationalrat Heiner Studer machte deutlich, wie schwer die Frage der Finanzierung nach der Ablehnung der Revision werden würde. Regula Streckeisen, Mitglied der Geschäftsleitung und Präsidentin der EVP Thurgau, berichtete aus ihrer Erfahrung als Ärztin, wie sehr viel besser die IV bei den Eingliederungsmassnahmen noch werden müsse. Den vielen Voten war schliesslich zu entnehmen, dass die Elemente der 5. IV-Revision zwar längst nicht alle goutiert werden, die Delegierten der EVP mehrheitlich aber der Überzeugung sind, dass die Revision zu einer Verbesserung der Situation führt: so beschloss die EVP mit 69 zu 39 Stimmen die Ja-Parole zur 5. IV-Revision.
„Gestärkte Familien, gerechte Wirtschaft, gesunde Umwelt“, lautet der Dreiklang mit dem die EVP eine lebenswerte Schweiz sichern und zu den National- und Ständeratswahlen antreten will. Diese drei Schwerpunkte werden in der von Parteipräsident und Nationalrat Ruedi Aeschbacher präsentierten Wahlplattform der EVP mit verschiedenen Massnahmen konkretisiert. Dazu gehören beispielsweise die Einführung eines Kindergeldes, die Förderung von Teilzeitstellen und Betreuungsangeboten und das Familiensplitting ebenso wie die Stärkung des Wettbewerbs, die Senkung der Lohnnebenkosten durch eine ökologische Steuerreform, ein einfacheres Steuersystem, Lenkungsabgaben auf dem Energieverbrauch, die Förderung des öffentlichen Verkehrs oder die Erhaltung intakter Lebensräume.
Heute Nachmittag stehen die statutarischen Geschäfte auf dem Programm. Ruedi Aeschbacher wird über die politische Lage berichten, Generalsekretär Joel Blunier über das Parteileben. Nach der Abstimmung über die Jahresrechnung 2006 und den Voranschlags 2008 wird die 88. ordentliche Delegiertenversammlung der EVP Schweiz mit den Ergänzungswahlen in den Zentralvorstand zu Ende gehen.
Zürich, den 5. Mai 2007/nh