Bleibt der Nationalrat beim Atomausstieg?

Bleibt der Nationalrat beim Atomausstieg?

Stunde der Wahrheit heute Dienstag im Nationalrat: Bleibt er beim Atomausstieg? Die EVP will künftig auf Atomenergie verzichten, den Gesamtenergieverbrauch massiv senken und die erneuerbaren Energien ausbauen. Mit vereinten Kräften ist der Umbau zu einer nachhaltigen Energieversorgung möglich.

Stunde der Wahrheit heute Dienstag, den 6. Dezember, im Nationalrat: Bleibt er – neu zusammengesetzt und nach den Wahlen – bei seinem Ausstiegsbeschluss und stimmt den vom Ständerat abgeänderten Motionen erneut zu? „Wir wollen schrittweise aus der Atomkraft aussteigen und die alten Werke in Beznau und Mühleberg so rasch wie möglich stilllegen“, erläutert Nationalrätin Marianne Streiff (BE) die Haltung der EVP. Dazu müsse der Gesamtenergieverbrauch massiv gesenkt und die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Das werde kein Sonntagsspaziergang und gehe nur mit einem Mix von Lenkungsabgaben, Verbrauchsvorschriften, Fördermitteln für Energiesparmassnahmen und dem Ausbau der kostendeckenden Einspeisevergütung zur Unterstützung der erneuerbaren Energien. 

 

Der erneute Entscheid der grossen Kammer in Sachen Atomausstieg wird notwendig, weil der Ständerat die Ausstiegsmotionen abgeändert hat und sie nun vom Nationalrat bestätigt werden müssen. Die EVP hofft und geht davon aus, dass der heutige Chlaustag energiepolitische Vernunft („Nüss“) und richtungsweisende Entscheide („Bire“) bringt und nicht etwa wankelmütige Fraktionen plötzlich an ihrem im Sommer noch gezeigten Ausstiegswillen zweifeln („Fitze“). Die EVP-Nationalrätinnen Marianne Streiff und Maja Ingold unterstützen die Formulierungen des Ständerates, wonach 1) keine neuen Kernkraftwerke gebaut werden dürfen, 2) bestehende Kernkraftwerke, die den Sicherheitsvorschriften nicht mehr entsprechen, unverzüglich stillzulegen sind – die EVP denkt hier insbesondere an Mühleberg – und 3) eine umfassende Energiestrategie unterbreitet wird für eine vom Ausland möglichst unabhängige Stromversorgung ohne Kernenergie. „Wir wollen, dass der Atomausstieg nicht eine Absichtserklärung bleibt, sondern im Kernenergiegesetz festgehalten ist und dass zweitens die nötigen Massnahmen für die Senkung des Gesamtenergieverbrauchs und den Ausbau der erneuerbaren Energien beschlossen sind“, betont EVP-Präsident Heiner Studer. Er vertritt die EVP zusammen mit Solarpionier und EVP-Grossrat Josef Jenni im Komitee der Atomausstiegsinitiative.

 

Neben den Motionen zum Atomausstieg (11.3257, 11.3426, 11.3436) wird der Nationalrat heute Dienstag eine Vielzahl weiterer energiepolitischer Geschäfte beraten. Die wichtigsten im Überblick:

  • Die EVP unterstützt die Änderung des Energiegesetzes (11.024), wonach der Bundesrat direkt Ver­brauchsvorschriften für eine bessere Energieeffizienz von Anlagen, Fahrzeugen und Geräten erlassen kann. Vorschriften sind rasch wirksam und beschleunigen den Durchbruch verfügbarer Technologien.

  • Die nukleare Forschung in der Schweiz soll weitergeführt werden können (11.3564). Das ist keine Hintertür für neue Kernkraftwerke, sondern nur schon für den sicheren Betrieb der bestehenden Werke während ihrer Restlaufzeit und deren Rückbau notwendig.

  • Die Schweiz soll an den europäischen AKW-Stresstests teilnehmen und sich dafür einsetzen, dass diese nach den neuesten Erkenntnissen erfolgen (11.3304) wie auch für mehr Transparenz bei der Herkunft der Brennstoffe für die Schweizer Kernkraftwerke sorgen (11.3758).

  • Die EVP unterstützt die Prüfaufträge, inwiefern intelligente Zähler zu einem bewussteren Energiekonsum beitragen können (11.3375) und ob Massnahmen notwendig sind, damit die Solarwärme im Gebäudebereich nicht vom Solarstrom verdrängt wird (11.3417).

  • Einzig bei den Vorschlägen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für erneuerbare Energien ist Vorsicht geboten (11.3338, 09.4082, 11.3403). Es ist zwar richtig, dass der Bundesrat prüft, inwiefern sich die Verfahren durch die Einführung von Behandlungsfristen vereinfachen und straffen lassen. Dies darf aber nicht auf Kosten der Umwelt geschehen und das Verbandsbeschwerderecht ist uneingeschränkt aufrechtzuerhalten. 

„Wir wollen keine Energiezukunft mit viel Gas und wenig Effizienz und erneuerbaren Energien, sondern das umgekehrte Szenario“, betont Marianne Streiff. Solarwärme, Solarstrom, Wasserkraft, Windenergie, Biogas, Geothermie, Pumpspeicherwerke, Investitionen ins Übertragungsnetz und intelligente Netze müssten sich optimal ergänzen und auf Gaskraftwerke sei wegen ihrer Klimaunverträglichkeit wenn immer möglich zu verzichten. So setzt sich die EVP für den Erhalt der Schöpfung ein. Nationalrätin Marianne Streiff ist überzeugt: „Wenn wir den Umbau zu einer nachhaltigen Energieversorgung mit vereinten Kräften schaffen, schenken wir unseren Kindern und Kindeskindern am heutigen Chlaustag nicht nur Nüss und Bire, sondern gleich noch ein Lebkuchenherz obendrein!“ 

 

Bern, den 6. Dezember 2011/nh