Um im Abstimmungskampf früh genug eine Parole der Basis im Rücken zu wissen, hat die EVP Schweiz die voraussichtlich am 24. September zur Abstimmung gelangende Volksinitiative „Nationalbankgewinne für die AHV“ (KOSA<?xml:namespace prefix = st1 ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:smarttags" />-Initiative) bereits an der heutigen 87. ordentlichen Delegiertenversammlung in Biel behandelt. Mit Rudolf Rechsteiner (SP, Basel BS) konnte der „Vater“ der Initiative als Pro-Referent gewonnen werden. Aufgrund der demographischen Entwicklung seien die finanziellen Aussichten der AHV nicht rosig. Der Bundesrat habe zwar Massnahmen zur Stützung der AHV vorgeschlagen, diese gingen aber einseitig zu Lasten der Versicherten, weil der Bundesrat keine neuen Einnahmequellen erschliessen wolle. Zudem würden die bei der Nationalbank ohnehin anfallenden Gewinne sowohl beim Bund wie auch bei den Kantonen häufig in Steuergeschenken zugunsten der Reichsten enden.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:office" />
Dem hielt Nationalrat Heiner Studer (EVP, AG) entgegen, dass noch immer das Parlament und allenfalls das Volk über die weiteren Schritte des Bundesrates bei der AHV entscheide. Stimme man der Initiative zu, entgingen dem Bund in Zukunft jährlich rund 800 bis 900 Millionen Franken. Diesen Anteil der Gewinne der Nationalbank hatte der Bund bis anhin ohne Zweckbestimmung erhalten. „Wo sollte er diese kompensieren oder zusätzlich einsparen?“ lautete die rhetorische Frage Studers. Zwar sichere die Initiative die AHV auf einige Jahre hinaus. Sie würde aber Bundesaufgaben in den Bereichen Bildung, Umwelt und internationale Solidarität bedrohen, indem sie dem Bund Mittel entziehen würde, die nur schwer zu ersetzen wären. So sei es wahrscheinlich, dass das Volk einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV zustimme, eine Erhöhung zugunsten der allgemeinen Bundeskasse sei indessen chancenlos.
Den Voten der Delegierten in der anschliessenden Diskussion war ein doppeltes Unbehagen zu entnehmen: erstens war man sich nicht sicher, ob die Kantone ihren Anteil an den Nationalbankgewinnen tatsächlich vernünftig einsetzen oder ob diese Gelder nicht doch einfach für Steuergeschenke zugunsten der Reichsten verpulvert würden. Zweitens konnte man sich keinesfalls für drohende Mehrwertsteuererhöhungen zugunsten der AHV erwärmen, weil diese Steuer unsozial ist und insbesondere Familien überdurchschnittlich belastet. Da erschien es den Delegierten der EVP sinnvoller, den in der Initiative vorgesehenen Anteil der Nationalbankgewinne der AHV zukommen zu lassen und sie fassten mit 65 zu 27 Stimmen die Ja-Parole zur KOSA-Initiative. Weniger zu reden gab der Bildungsrahmenartikel, welcher von EVP-Nationalrat Heiner Studer präsentiert wurde. Die Vorlage war auch innerhalb der EVP unumstritten und wurde mit 99 zu 0 Stimmen abgesegnet.
Heute Nachmittag werden die statutarischen Geschäfte der ordentlichen Delegiertenversammlung folgen: Parteipräsident und Nationalrat Ruedi Aeschbacher wird eine Einschätzung der politischen Lage vornehmen, Generalsekretär Joel Blunier über das Parteileben berichten. Anschliessend wird Finanzchef Beat Monhart die Jahresrechnung 2005 abnehmen lassen und das Budget 2007 präsentieren. Schliesslich stehen Ergänzungswahlen in den Zentralvorstand an: zur Wahl stehen Ueli Scheuss als Vertreter der EVP SG, Anika Bossard für die EVP AG sowie François Bachmann für die EVP VD. Ebenfalls zur Wahl in den Zentralvorstand wird Nancy Bolleter, alt-Kantonsrätin ZH vorgeschlagen. Als Präsidentin der EVP Frauen soll sie in der Geschäftsleitung der EVP Schweiz mitwirken, die Wahl in den Zentralvorstand ist die Bedingung dazu.
Biel, den 1. April 2006/nh