EVP: Es braucht einen eigenen Straftatbestand Arbeitsausbeutung

EVP-Nationalrätin und Par­tei­prä­si­den­tin Mari­anne Streiff hat diese Woche eine Motion ein­ge­reicht, die den Bun­des­rat auf­for­dert, einen Tat­be­stand für Arbeits­aus­beu­tung ins Straf­ge­setz auf­zu­neh­men. Aus­beu­te­ri­sche Arbeits­ver­hält­nisse sind in eini­gen Bran­chen der Schweiz zur lukra­ti­ven und still­schwei­gend gedul­de­ten Rea­li­tät mit hoher Dun­kel­zif­fer gewor­den. Das heu­tige Straf­recht hinkt den real exis­tie­ren­den Aus­beu­tungs­si­tua­tio­nen hin­ter­her. Ein eige­ner Tat­be­stand erleich­tert Ermitt­lungs­ar­beit und Beweis­füh­rung. Er wirkt der fata­len Baga­tel­li­sie­rung ent­ge­gen und macht klar: Die Schweiz dul­det keine Aus­beu­tung.

Die Motion beauf­tragt den Bun­des­rat, das Straf­ge­setz­buch um einen Tat­be­stand der Arbeits­aus­beu­tung zu ergän­zen. Die­ser soll den Begriff klar defi­nie­ren, die real exis­tie­ren­den Aus­beu­tungs­si­tua­tio­nen erfas­sen und den Moti­ven der Aus­beu­ten­den Rech­nung tra­gen.

Hohe Dun­kel­zif­fer und unzeit­ge­mäs­ses Straf­recht

«Aus­beu­te­ri­sche Arbeits­ver­hält­nisse sind heute in der Schweiz in eini­gen Bran­chen lukra­tiv gewor­den und wer­den still­schwei­gend gedul­det. Die Dun­kel­zif­fer schät­zen Fach­leute als sehr hoch ein», begrün­det Motio­nä­rin EVP-Nationalrätin Mari­anne Streiff ihren Vor­stoss. Fälle gibt es zum Bei­spiel in der Gas­tro­no­mie, der Land­wirt­schaft, auf dem Bau, aber auch in der pri­va­ten Pflege oder Hau­wirt­schaft. «Das heu­tige Straf­recht hinkt der Rea­li­tät hin­ter­her. Es erfasst einen erheb­li­chen Teil der rea­len Aus­beu­tungs­si­tua­tio­nen nicht mehr.»

So müs­sen Men­schen heute zum Bei­spiel nicht mehr mit Gewalt dazu gebracht wer­den, sich auf aus­beu­te­ri­sche Arbeits­ver­hält­nisse ein­zu­las­sen. Die pure wirt­schaft­li­che Aus­weg­lo­sig­keit in ihren Her­kunfts­län­dern reicht meist aus, dass sie frei­wil­lig für Löhne arbei­ten, die nicht sel­ten nur einem Zehn­tel der hie­si­gen Min­dest­löhne ent­spre­chen – und dies unter oft pre­kä­ren Arbeits­be­din­gun­gen. Ein Anwer­ben ent­fällt und damit auch meist der Tat­be­stand des Men­schen­han­dels (Art. 182 StGB). Andere alter­na­tive Tat­be­stände wie etwa Wucher (Art. 157 StGB) grei­fen oft­mals auch nicht, weil nicht nach­ge­wie­sen wer­den kann, dass die Aus­beu­ten­den die per­sön­li­che Schwä­che­si­tua­tion der Opfer kann­ten. Damit ent­fällt die Straf­bar­keit kom­plett.

Erleich­terte Ermitt­lungs­ar­beit und Beweis­füh­rung

«Ein eige­ner Tat­be­stand Arbeits­aus­beu­tung wirkt der fata­len Baga­tel­li­sie­rung ent­ge­gen. Er trägt dazu bei, dass Skla­ve­rei ähn­li­che Aus­beu­tung als Unrecht aner­kannt wird. Er macht klar: Die Schweiz dul­det keine Aus­beu­tung», ist Mari­anne Streiff über­zeugt. Ein klar defi­nier­ter Straf­tat­be­stand erleich­tert aus­ser­dem die Ermitt­lungs­ar­beit und die Beweis­füh­rung. Er för­dert – rich­tig aus­ge­stal­tet – die Mit­wir­kungs­be­reit­schaft der Opfer bei der Täter­ver­fol­gung.

Keine Kri­mi­na­li­sie­rung von Nied­rig­lohn­bran­chen

Dabei geht es nicht darum, tiefe Löhne oder Bran­chen mit hohem Lohn­druck zu kri­mi­na­li­sie­ren. Ein Straf­tat­be­stand der Arbeits­aus­beu­tung – den viele euro­päi­sche Län­der ken­nen – soll nur auf sol­che Per­so­nen zie­len, die kei­ner­lei Inter­esse daran haben, nach tarif­part­ner­schaft­li­chen Regeln zu spie­len. Er soll auf sol­che Arbeits­ver­hält­nisse zuge­schnit­ten sein, in denen sich Täter an krass unter­be­zahl­ter Arbeit berei­chern. Er würde krasse Lohn­un­ter­schrei­tun­gen als das behan­deln, was sie sind: straf­wür­dig. Und er würde auch den zwei­ten GRETA-Report von 2019 umset­zen, der die Schweiz aus­drück­lich auf­for­dert, die Aus­beu­tung der Arbeits­kraft ins Straf­ge­setz­buch auf­zu­neh­men.

Kon­takt:

Mari­anne Streiff, Par­tei­prä­si­den­tin und Natio­nal­rä­tin: 079 664 74 57
Roman Rutz, Gene­ral­se­kre­tär: 078 683 56 05
Dirk Mei­sel, Lei­ter Kom­mu­ni­ka­tion: 079 193 12 70