Es ist ein ausgewogenes neues Programm als Konkretisierung des nach wie vor gültigen Grundlagenprogramms entstanden: sechzehn ungefähr gleich lange Kapitel widmen sich den Themen Familie, Gesellschaft, Schutz des Lebens, Bildung und Forschung, Wirtschaft, Staatsfinanzen, Soziale Absicherung, Gesundheit, Sucht, Migration und Asyl, Sicherheitspolitik, Aussenpolitik, Staatspolitik, Landwirtschaft, Verkehr und Umwelt sowie Energie. Zu jedem Thema werden im ersten Abschnitt die wahrgenommenen Spannungsfelder beschrieben. Ein zweiter Abschnitt enthält die Grundsätze der EVP, die auf allen Stufen <?xml:namespace prefix = st1 ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:smarttags" />- Bund, Kantone und Gemeinden - gelten. In einem dritten Abschnitt werden die konkreten Massnahmen aufgelistet, welche die EVP zum jeweiligen Thema und vor allem auf Stufe Bund umsetzen will.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:office" />
Am Morgen des Programmparteitages hatten die Delegierten in fünf strittigen Fragen den Stichentscheid zu fällen. Johannes Zollinger, EVP-Kantonsrat aus Wädenswil, konnte der Individualbesteuerung im Vergleich zum Familiensplitting nicht viel Positives abgewinnen. Letzteres sei nichts als gerecht und zudem administrativ schnell umsetzbar. Ohne grössere Diskussion folgten die Delegierten mit 118 zu 0 Stimmen dem Antrag des Zentralvorstandes für das Familiensplitting. Anschliessend beantragte Nancy Bolleter, Präsidentin der EVP-Frauen, die Schaffung von strengen Rahmenbedingungen für Organisationen, welche die Beihilfe zum Suizid praktizieren. Mit einem Verbot würde die Entscheidung für die Betroffenen gefällt, was nicht richtig sei. Dem hielt Regula Streckeisen, Ko-Präsidentin der EVP Thurgau und Ärztin, entgegen, dass eine fachlich gute Sterbebegleitung (Palliative Care) den Sterbewunsch schnell zum Abklingen bringen könne. Die Delegierten votierten mit 82 zu 21 Stimmen für den Antrag des Zentralvorstandes (Verbot der Beihilfe zum Suizid).Als momentan nicht relevant stuften die Delegierten die Frage der Krankenkassenorganisation ein: weder das heutige System noch eine Einheitskrankenkasse vermögen die Kosten im Gesundheitswesen spürbar zu dämpfen. Wichtig ist hingegen die Überprüfung des Leistungskataloges, eine nationale Planung der Spitzenmedizin durch den Bund sowie eine monistische Spitalfinanzierung, wie im neuen Programm festgehalten.
Viel zu reden gab das Konsumverbot von Cannabis: Peter Schäppi, Präsident der EVP Kanton Zürich, suchte die Delegierten mit restriktiven Einschränkungen wie einem Werbeverbot, umfassendem Jugendschutz, einem Konsumverbot im öffentlichen Raum, der staatlichen Kontrolle von Anbau, Import und Verkauf sowie einer hohen, nach dem THC-Gehalt der Pflanze abgestuften Steuer für die Zulassung des Konsums zu gewinnen. Sein Kontrahent Thomas Jourdan, EVP-Landrat im Kanton Basel-Landschaft, stritt die Vollzugsprobleme des Konsumverbotes nicht ab. Das geltende Recht gebe einem Sozialarbeiter aber immerhin die Möglichkeit einen jugendlichen Konsumenten aufzugreifen und in einen Drogenumgangskurs zu stecken: Prävention funktioniere nur mit repressiven Rahmenbedingungen. Nach intensiver Diskussion folgten die Delegierten den Argumenten Jourdans, Leiter der Offenen Arbeit des Jugendsozialwerkes der Blaukreuzjugend Baselland, und votierten mit 78 zu 19 Stimmen für die Beibehaltung des Konsumverbotes. Schliesslich plädierte die Zürcher EVP-Kantonsrätin Lisette Müller-Jaag für die Einführung eines obligatorischen Gemeinschaftsdienstes für Mann und Frau in Ablösung der allgemeinen Wehrpflicht. Der Vorschlag wurde von den Delegierten gerne übernommen: sie votierten mit 74 zu 17 Stimmen dafür.
Am Nachmittag wurde zunächst über diverse Einzelanträge entschieden, die vorgängig ausformuliert und begründet eingereicht werden mussten. Schliesslich wurde dem neuen Schwerpunkteprogramm in der Schlussabstimmung mit 102 zu 0 Stimmen eine hohe Qualität attestiert. Nach der Übersetzung ins Französsiche und dem Druck wird es im Mai den Medien und der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Thun, den 25. Februar 2006/nh