Ist das Tierwohl in der Schweizer Landwirtschaft genügend geschützt?

Parole der EVP

Stimmfreigabe zur Massentierhaltungsinitiative

Die EVP-Delegierten erteilten an ihrer Versammlung vom 25. Juni mit deutlicher Mehrheit Stimmfreigabe.

Die Argumente dafür:

  • Tierfreundliche Unterbringung und Pflege
    Noch immer verbringen Tiere in der Landwirtschaft den Grossteil ihres Lebens auf Betonböden und haben kaum Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Initiative fordert, dass alle Tiere bedürfnisgerecht leben können. D.h. mehr Platz pro Tier, Einstreu für alle Tiere, Möglichkeiten zum Spielen und artgerechte Fütterung.
     
  • Zugang ins Freie
    Nur 12 Prozent der Tiere haben regelmässigen Auslauf (RAUS-Programm). Die Initiative fordert für alle Tiere täglichen Zugang ins Freie. Damit sie überhaupt davon profitieren können, müssen weniger überzüchtete Rassen eingesetzt werden.
     
  • Schonende Schlachtung
    Am Schluss ihres Lebens werden Tiere unter massivem Stress transportiert und vor der Schlachtung mit fehleranfälligen Methoden betäubt. Die Initiative fordert Schlachtmethoden, bei denen die Vermeidung von Leid oberste Priorität hat, wie z.B. durch kurze Transportwege sowie korrekten und kontrollierten Betäubungsvorgängen. 
     
  • Maximale Gruppengrösse je Stall
    Bis zu 27’000 Hühner oder 1’500 Schweine dürfen in einer Halle gehalten werden. Die Betreuung einzelner Tiere ist praktisch unmöglich. Viele sterben unbemerkt. Die Initiative fordert eine starke Reduktion der Gruppengrössen.
     
  • Importvorschriften
    Schweizer Bäuerinnen und Bauern stehen im Wettbewerb mit ausländischen Betrieben, die sich nicht ums Tierwohl kümmern. Die Initiative fordert, dass importierte Tierprodukte den neuen Schweizer Standards entsprechen.

Die Argumente dagegen:

  • Tierwohl in der Schweiz grossgeschrieben
    Gemäss den Initianten bedeutet Massentierhaltung «Grossbetriebe, bei denen das Tierwohl systematisch verletzt wird». Die Tierhaltung in der Schweiz ist meist klein strukturiert, basiert auf dem wohl strengsten Tierschutzgesetz der Welt und wird umfassend kontrolliert. Es gibt keine systematische Verletzung des Tierwohls.
     
  • Angebot grösser als Nachfrage
    Das Angebot ist heute in vielen Bereichen höher als die Nachfrage. So lassen sich z.B. nur 30% aller Mastschweine über ein Tierwohllabel mit Mehrwert verkaufen, obwohl über 60% aller Schweine in einem besonders tierfreundlichen Stall leben und nach Draussen können.
     
  • Weniger regionale Produktion, mehr Importe
    Wir sind zur Versorgung der Bevölkerung auf umfangreiche Importe angewiesen. Diese würden sich bei einer Annahme der Initiative speziell beim Geflügelfleisch, Eiern und Schweinefleisch stark erhöhen.
     
  • Höhere Konsumentenpreise
    Der geforderte Bio-Standard in der Tierhaltung ist mit hohen Mehrkosten in der Produktion verbunden. Tierische Lebensmittel würden sich je nach Produkt um 20 bis 40% verteuern und das Portemonnaie der Bevölkerung mit rund 1800 Franken im Jahr zusätzlich belasten. Weil sich das nicht alle leisten können/ wollen, würde der Einkaufstourismus angekurbelt.
     
  • Kein Mehrwert fürs Tierwohl im Ausland
    Die Initiative sieht vor, dass für Importe von tierischen Produkten ebenfalls strengere Regeln gelten sollen. Das wäre eine klare Verletzung unserer WTO-Verpflichtungen. Da sich letztlich keine gleichwertigen Tierschutzvorgaben durchsetzen lassen, würde die Initiative zu steigenden Importen von tierischen Produkten aus Staaten mit tiefem Tierwohlniveau führen.

Inhalt der Initiative

Die Initiative will den Schutz der Würde der Tiere in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in die Verfassung aufnehmen. Dazu soll gehören, dass Tiere nicht in «Massentierhaltung» gehalten werden.

Der Bund müsste Kriterien festlegen insbesondere für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, den Zugang ins Freie, die Schlachtung und die maximale Gruppengrösse je Stall.

Weiter müsste er bezüglich der Einfuhr von Tieren und tierischen Erzeugnissen zu Ernährungszwecken Vorschriften erlassen.

Schliesslich verlangt die Initiative, dass bezüglich der Würde des Tieres Anforderungen festgelegt werden, die mindestens denjenigen der Bio-Suisse-Richtlinien 2018 entsprechen. Diese enthalten u.a. über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehende Vorgaben zur Tierhaltung und zum Auslauf sowie Höchstbestände für die Geflügelhaltung.

Initiativtext

Art. 80a Landwirtschaftliche Tierhaltung
1 Der Bund schützt die Würde des Tieres in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Die Tierwürde umfasst den Anspruch, nicht in Massentierhaltung zu leben.

 2 Massentierhaltung bezeichnet die industrielle Tierhaltung zur möglichst effizienten Gewinnung tierischer Erzeugnisse, bei der das Tierwohl systematisch verletzt wird.
 3 Der Bund legt Kriterien insbesondere für eine tierfreundliche Unterbringung und Pflege, den Zugang ins Freie, die Schlachtung und die maximale Gruppengrösse je Stall fest.

 4 Er erlässt Vorschriften über die Einfuhr von Tieren und tierischen Erzeugnissen zu Ernährungszwecken, die diesem Artikel Rechnung tragen.

Art. 197 Ziff. 122 ,12. Übergangsbestimmungen zu Art. 80a (Landwirtschaftliche Tierhaltung)
1 Die Ausführungsbestimmungen zur landwirtschaftlichen Tierhaltung gemäss Artikel 80a können Übergangsfristen von maximal 25 Jahren vorsehen.

2 Die Ausführungsgesetzgebung muss bezüglich Würde des Tiers Anforderungen festlegen, die mindestens den Anforderungen der Bio-Suisse-Richtlinien 20183 entsprechen.
 3 Ist die Ausführungsgesetzgebung zu Artikel 80a nach dessen Annahme nicht innert drei Jahren in Kraft getreten, so erlässt der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen vorübergehend auf dem Verordnungsweg.

 

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