«Den Jugendlichen fehlen Vorbilder, die Verantwortung übernehmen!»

Seine Eltern schafften sich keine Tageszeitung an, damit er die Hausaufgaben nicht vernachlässigt. Er setzt sich überall dort ein, wo es etwas anzupacken gibt. Mit 25 Jahren übernahm Elia Leiser das Präsidentenamt der EVP Solothurn. Zusammen mit dem Vorstand hat er für die nächsten 5 Jahre ehrgeizige Pläne - und er sagt: Wir müssen unbedingt mehr Frauen für die Politik gewinnen!

Elia, du bist gerade einmal 25 Jahre alt, aber seit 10 Jahren in der EVP politisch aktiv. Wie kam es, dass ein Teenager statt zu gamen lieber politi­sierte?

Ich spielte damals, wie auch heute noch, gerne ein Fifa mit meinen Kollegen. Aber ich interessierte mich auch sonst dafür, was in der Schweiz und sonst so auf der Welt passiert. Schon in der 1. Klasse hörte ich die 12:30 Nachrichten und die Eltern verzichteten auf eine Ta­geszeitung, da sie befürchteten, dass ich die Hausaufgaben nicht erledigen würde. Ich wusste mir dann mit dem Teletext zu helfen.

Mit 15 Jahren wurde ich dann von Heiner Studer ins Bundes­haus eingeladen, allerdings trat ich erst etwa ein halbes Jahr später der EVP bei.

Und warum ausgerechnet EVP?

Sicherlich waren die politischen Positionen entscheidend. Werte und Identität sind genau gleich zentral wie Solidarität und Gerechtigkeit. Weiter ist die EVP nicht abhängig von Gewerkschaften, Verbänden oder Konzernen. Auch kann man schnell Verantwortung übernehmen und mitgestalten. Der Mensch steht im Zentrum und nicht die Ideologie oder das Geld.

«Meine Eltern verzichteten auf eine Tageszeitung aus Sorge, dass ich die Hausaufgaben nicht erledigen würde.»

Welche Motivation treibt dich an, dich politisch zu engagieren?

Es bereitet mir in erster Linie ganz einfach Spass. Es ist motivierend, wenn man Sachen bewegen und mitgestalten kann. Auch trifft man immer wieder auf spannende Persönlichkeiten und es ergeben sich gute Begegnungen. Ich kann mich gut an die erste Generalversammlung der EVP Kanton Solothurn in Grenchen erinnern. Der heutige Ständerat und damalige Solothurner Nationalrat Pirmin Bischof/CVP war eingeladen und anschliessend musste ich ziemlich schnell zurück nach Solothurn, da ich noch ein Fussballspiel mit meinen Junioren hatte. Er bot sich als Chauffeur an. Das Gesicht des Vaters habe ich immer noch in guter Erinnerung, als ich ihm sagte, dass ich mit dem Nationalrat Duzis bin und er mich auch gerade noch heim gefahren hat.

Bei den letzten Kantonsratswahlen im Kantonsolothurn im März 2017 gingst du ohne Mandat nach Hause – frustriert?

Wir konnten den Sitz im Wahlkreis Olten-Gösgen verteidigen, was essentiell war für die Zukunft die EVP Kanton Solothurn. Klar wollen wir auch in Solothurn-Lieber einen Sitz gewinnen, aber die Zeit war noch nicht reif. Persönlich habe ich ein gutes Resultat erzielt und das freute mich. Man braucht nicht unbedingt einen Sitz im Parlament, damit gute Ideen umgesetzt werden und man Einfluss auf den politischen Prozess hat.

«Man braucht nicht unbedingt einen Sitz im Parlament, damit gute Ideen umgesetzt werden und man Einfluss auf den politischen Prozess hat.»

Wofür schlägt dein Herz? Wofür setzt du dich in der Politik thematisch ein?

Überall dort, wo es etwas anzupacken gibt. Als Primarlehrer ist sicherlich die Bildung ein zentrales Thema. Ein regionales Thema, in dem ich engagiert bin ist für die Jugend- und Sportförderung. National befasse ich mehr mit den Diskussionen um den Zivildienst und die Entwicklungshilfe.
 

Wo will der Politiker Elia in fünf Jahren stehen, wo in zehn?

In fünf Jahren als Präsident einer EVP Kanton Solothurn mit zwei bis drei Kantonsräten und 3 bis 4 Gemeinderäten und mit mehr als 100 Mitgliedern. Was in zehn Jahren sein wird? Da kommt es drauf an, ob wir die Ziele in fünf Jahren erreichen. Persönlich definiere ich mich nicht über ein Amt oder eine Politikkarriere, sondern will ich nach meinen Möglichkeiten mitgestalten.

«Persönlich definiere ich mich nicht über ein Amt oder eine Politikkarriere, sondern will ich nach meinen Möglichkeiten mitgestalten.»

Wenn du Bundesrat würdest: Was würdest du in der Schweiz verändern wollen?

Ich würde die Thematik der sexuellen Übergriffe gegenüber Kindern auf das politische Parkett bringen. Laut der UBS Optima Studie von 2011 wird jedes 4. Mädchen und jeder 7. Knabe in der Schweiz sexuell missbraucht. Die meisten Übergriffe geschehen innerhalb der Familien und sind unabhängig von der sozialen Schicht, Kultur und des religiösen Hintergrunds. Wie gehen wir damit um? Das wäre für mich die wichtigere Wertedebatte als diejenige um Themen, wie sie im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Aber es ist unangenehm und man breitet den Mantel des Schweigens drüber.

Der EVP Kanton Solothurn drohte mangels Personal das Aus. Woher nahmst du den Mut, in die Bresche zu springen und dich als Präsident zur Verfügung zu stellen?

Ich wollte mich nicht vor der Verantwortung drücken. Und der Vorstand ist motiviert und gibt Gas. Mit André Wyss hat die EVP auch einen ausgewiesenen Finanzexperten im Kantonsrat und dies eröffnet uns neue Perspektiven.

Welches sind aus deiner Sicht die grössten Herausforderungen, die du und die EVP Kanton Solothurn in den nächsten drei Jahren stemmen müssen?

Es sind Herausforderungen, die viele Kantonalsektionen der EVP haben. Wir brauchen mehr Mitglieder, welche dem Vorstand und Parlamentariern eine Legitimation geben, gegenüber der Regierung und Medien mit Power aufzutreten. Weiter müssen wir unbedingt mehr Frauen für die Politik gewinnen! Sei es bei uns im Vorstand oder in den Gemeinden in den Kommissionen. Die Gemeindekommissionen haben den direktesten Einfluss auf das Leben im Dorf. Auch Turnhalleneinteilungen, Unterbringung von Flüchtlingen oder ob die Kinder Samsung Tablets oder Ipads bekommen, sind wichtige Entscheide für das alltägliche Zusammenleben.

«Die Gemeindekommissionen haben den direktesten Einfluss auf das Leben im Dorf.»

Welche Perspektiven siehst du? Welche Vision, welche Ziele habt ihr für die EVP in Solothurn?

Die Vision für die nächsten fünf Jahre ist: Eine EVP Kanton Solothurn mit zwei bis drei Kantonsräten und drei bis vier Gemeinderäten sowie mit mehr als 100 Mitgliedern.

Du bist in deiner Generation mit deiner politischen Karriere eher die Ausnahme. Wie kann es gelingen, junge Menschen für ein verantwortliches politisches Engagement zu gewinnen?

Politik braucht Zeit. Die Politik beeinflusst unsere Zeit. Die Zeit beeinflusst die Politik. Eine Tendenz ist sicherlich, dass man sich nicht mehr verpflichten will. Man will unabhängig, flexibel und frei sein. Es geht uns ja gut!

Auch fehlen den Jugendlichen Vorbilder, die Verantwortung übernehmen. Politische Diskussionen werden zuhause kaum mehr geführt. Engagements wie Easy Vote sind darum essentiell und leisten hervorragende Arbeit. Sich vertieft mit Herausforderungen auseinanderzusetzen und dann Lösungen zu finden, die von einer breiten Schicht der Bevölkerung getragen werden, das wird einem nicht in die Wiege gelegt, sondern muss erlernt werden.

Mich freut es, dass sich so viele junge Frauen und Männer in der EVP engagieren. Das ist auch Nationalrat Kurt Fluri (SO) an der letzten DV in Solothurn aufgefallen. Ein Zeichen der guten Arbeit der JEVP und der Mitgestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Partei.